Bei Bob Dylans Auftritt schlugen die Herzen der Fans höher In Nostalgie schwelgen Mythos studentenbewegter Jugend – Zeitraubende Kontrollen FÜRTH -- "Vielleicht ist es ja das letzte Mal, daß er auftritt" -- Grund genug für den 23jährigen Rüdiger Eismann aus Bayreuth, zur Fürther Stadthalle zu pilgern. Hören will der langhaarige Nachwuchsfan des mittlerweile 54jährigen Idols — die Rede ist von niemand geringerem als Bob Dylan — auch nichts anderes als dessen Altersgenossen: Die "alten Sachen" aus den Sechzigern natürlich. Für den mit seinen 47 Jahren mehr als doppelt so alten Wilfried Trinkwalter zum Beispiel ist es pure Nostalgie: Für ihn rufen die Stücke Erinnerungen an die "Anti-Vietnam-Kampagne" und seine studentenbewegte Jugend wach. Wie 3500 Gesinnungsgenossen hat er dafür immerhin 60 Mark ausgegeben und reiht sich nun vor Ort in eine Schlange ein, die zeitweise wohl an die hundert Meter Länge erreicht. Der Haupteingang der Stadthalle wird schon lange vor Konzertbeginn zu einem regelrechten Nadelöhr. Denn da werden zeitraubend nicht nur die Karten, sondern auch Kleidung und Taschen der Besucher kontrolliert. Der Meister, heißt es, reagiert auf Fotos allergisch und bricht beim ersten Blitz sofort das Konzert ab. Wer "zu spät" kommt, kommt mit seiner Karte zwar herein, doch eine Chance auf einen Platz, an dem er sein Idol auch zu Gesicht bekommt, hat er in der ausverkauften Stadthalle praktisch nicht mehr. Und da stehen und sitzen sie nun, "ganz normale" Menschen zwischen 15 und 55, Althippies und Junghippies, in Ehren ergraute Herrschaften und sogar Eltern mit ihren noch kleinen Kindern. Nur Yuppies, Punks, Technofreaks und ähnliches Szenevolk mischt sich garantiert nicht ins ungewöhnlich bunte, doch nirgends schrill-gefärbte Bild. Hauch einer Legende
Der eine bedauert, daß Dylan "keine Stimme mehr" habe, der andere, daß er kaum einmal die Gitarre in die Hand genommen hat, wieder ein anderer vermißte bestimmte Klassiker wie "Blowin in the wind" oder "Knocking on heavens door". Die Zufriedenen loben, daß Dylan seine alten Stücke wie ein Jazzmusiker in immer neuen Variationen spielt, freuen sich, daß der Meister diesmal nüchtern und ziemlich aufgeräumt war oder begeistern sich einfach, daß es "einige Lieder immer noch bringen."
GERD FÜRSTENBERGER